Viele Arbeitnehmer schleppen ständig Resturlaub vom letzten Jahr oder gar aus den letzten Jahren mit sich herum. Eigentlich muss der Jahresurlaub nach § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz auch im laufenden Jahr genommen werden. Selbst die weitverbreitete Praxis, ganz regelmäßig den Urlaub des letzten Jahres erst in den ersten drei Monaten des Folgejahres aufzubrauchen, ist eigentlich nicht in Ordnung und nur aus besonderen betrieblichen oder persönlichen Gründen statthaft. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass diese engen gesetzlichen Regelungen dem Schutz des Arbeitnehmers dienen: Das Bundesurlaubsgesetz will, dass jeder Arbeitnehmer mindestens vier volle Wochen im Jahr arbeitsfrei hat. Wenn man sich die Meldungen über zunehmende psychische Erkrankungen und burn-out-Syndrome durch übermäßige Arbeitsbelastung ansieht, ist das sicherlich auch mehr den je gerechtfertigt. Wird der Urlaub nicht rechtzeitig genommen (obwohl das möglich wäre), verfällt er ersatzlos. Die Vorstellung, man könne Resturlaube der letzten Jahre vielleicht ja doch noch einmal irgendwann verbrauchen, ist also falsch.
Abgeltung nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Trotzdem mag man mit einer anderen betrieblichen Praxis leben können. Schwierigkeiten gibt es aber regelmäßig dann, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Das ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG die Stunde der Urlaubsabgeltung, der Auszahlung nicht verbrauchter Urlaubstage. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer den Urlaub bis Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen (Der Urlaubsantrag wird abgelehnt) oder etwa wegen einer Erkrankung (Wer arbeitsunfähig ist, kann keinen Urlaub haben) tatsächlich nicht nehmen konnte. Hier gab es übrigens eine Änderung in der Rechtsprechung: Früher wurde der Abgeltungsanspruch bei Krankheit weitgehend verwehrt. Erst im Jahre 2009 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH v. 20.01.2009, Az. C-350/06 und C-520/06) klargestellt, dass auch bei krankheitsbedingter Unmöglichkeit des Urlaubs stets ein Abgeltungsanspruch besteht, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist. Das gilt sogar dann, wenn es um den Urlaubsanspruch mehrerer Jahre geht. Endet ein Arbeitsverhältnis also nach langjähriger krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, kann der Arbeitnehmer demnach für den gesamten während der Krankheit angefallenen Urlaub Abgeltung verlangen. Ob es da nicht vielleicht doch eine Grenze gibt, ist noch nicht entschieden.
Kurze Fristen sind möglich
So gut sich das für einen Arbeitnehmer auch anhört, so schnell kann es mit solchen Abgeltungsansprüchen auch vorbei sein: Viele Arbeits- und Tarifverträge sehen kurze Fristen für das Geltendmachen von “Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis” vor. Nach früherer Rechtsprechung galten solche Fristen zumindest nicht, soweit es um den gesetzlichen Mindesturlaub und seine Abgeltung ging. Auch das ist jetzt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts anders. Damit kann die Urlaubsabgeltung genau wie ein Gehaltsanspruch nicht mehr durchgesetzt werden, wenn die vorgesehene Frist abgelaufen ist. Diese Frist kann durchaus recht kurz sein. In vielen Tarifverträgen gilt eine Zweimonatsfrist für des Anmelden des Anspruchs und eine weitere entsprechende Frist für die gerichtliche Geltendmachung, wenn nicht gezahlt wird. Ebenso vorgesehen sind einstufige Fristen von nur wenigen Monaten. Diese Fristen werden in Tarifverträgen bislang auch für die Urlaubsabgeltung als wirksam angesehen, auch wenn das noch nicht endgültig geklärt ist. Beruht eine Ausschlussfrist allerdings lediglich auf dem Arbeitsvertrag, muss sie nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mindestens drei Monate betragen. Kürzere Fristen sind unwirksam.
Mindestens genau Prüfung muss sein
Zwei oder drei Monate hören sich nicht so schlimm an. Aber: Erfahrungsgemäß fällt es vielen Arbeitnehmern nach dem Verlust eine Arbeitsplatzes oder einem Arbeitsplatzwechsel schwer, die “Aufräumarbeiten” beim alten Arbeitsverhältnis in Angriff zu nehmen. Bei einer Erkrankung gilt das um so mehr. Und wer das Problem nicht kennt, wird häufig meinen, er habe ja noch genügend Zeit. Das kann schwerwiegende finanzielle Nachteile mit sich bringen. Mindestens erforderlich ist also eine umgehende Prüfung des Arbeits- oder Tarifvertrags auf die Geltung von Ausschlussfristen.